12. März 1858

(...) Nach 2 Uhr machte ich mich dann mit recht schwerem Herzen auf den Weg in den Felsenhof, nachdem ich nochmals mein Werk dem treuen Herrn an befohlen hatte. Die liebe Mathilde war noch allein, küßte und empfing mich recht freundlich u. herzlich. Wir redeten dann noch allerlei, ich wagte aber nicht, sie zu fragen, ob ich wieder einmal zu ihr kommen dürfe. Nach u. nach kamen dann die andern Frauen, die mich Alle sehr freundlich empfingen. Als alles versammelt war, las Mathilde ein Capitel 15 Joh u. hielt dann ein Gebet, worin sie mich u. meinen Einzug bei ihnen dem den treuen Herrn anbefahl. O möge mir dieser neue Wirkungskreis zum Segen werden! das gebe Gott. Nachher redete man dann über die verschiedenen Angelegenheiten der Armen, vertheilte wieder die Hefte und ich erhielt auch 3 Besuche zu machen. Ich hatte gehofft, mit Frau Statthalter gehen zu dürfen, es war aber keine Rede davon, und ich werde es allein thun müssen. Von den verschiedenen Gaben weiß ich nun noch gar nichts u. will dann Nanny darüber fragen. Um 5 Uhr ging man dann heim, u. ich war recht erfreut über diese erste Zusammenkunft, obschon ich mir alles ernster u. geregelter vorstellte. (...) 


Die Treffen des Vereins finden bei Mathilde Escher im Felsenhof statt. Heute ist Deine Première, doch klingt es eher nach einer Last für Dich. Philantropische Engagements gehörten für Frauen Deines Standes wohl einfach zum guten Ton und stellen wohl für viele Leute in finanziellen Nöten die einzige Möglichkeit dar, über die Runden zu kommen. Heute ist dies ja Aufgabe des Staates. Interessant jedoch, dass Du nur die Besuche erwähnst, die Teil Deiner Tätigkeit im Verein sind. In den kommenden Tagen und Wochen ist immer wieder von Armenbesuchen die Rede, die Du für den Verein machst.

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10. März 1858

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14. März 1858