
Fünf Tagebücher von Pauline Escher aus den Jahren 1857 bis 1967 sind erhalten geblieben. Die je zwischen 168 und 236 Seiten der Büchlein sind mit einer kleinen, regelmässigen, aber schwer zu lesenden Kurrentschrift dicht beschrieben.
Mit Brille und Häubchen steht Pauline Escher als ungefähr 80-jährige Frau zwischen ihren Nichten Elisabeth Escher-Schindler (1855-1921) und Clara Syz-Schindler (1865-1942). Paulines Arm ist zärtlich bei Clara eingehängt. Rechts hinter Pauline ist Dietrich Schindler-Huber (1856-1936) etwas unscharf zu erkennen. Ganz links im Bild sind Paulines Schwester Elise Schindler-Escher (1833-1918) und hinter ihr mit halb verdecktem Gesicht ihr ihr Ehemann Caspar Schindler-Escher (1828-1902) zu sehen.
Pauline Escher schreibt über weite Strecken jeden Tag in ihr Tagebuch. Sie beschreibt ihren Tagesablauf und ihre Gefühlslage. Vom Aufstehen, beten und lesen über die fast täglichen Besuche bei Freundinnen oder Empfänge im Haus bis hin zur anstrengenden Suche nach geeignetem Dienstpersonal, Kirchenbesuchen, philantropischen Engagements oder festlichen Gesellschaftsanlässen etwa bei der Familie Wesendonk anlässlich eines Auftitts von Richhard Wager.
Wir erfahren einiges über die Arbeiten im Haus, von Sauerkraut einmachen über die "Glättete" bis zum Seifen schneiden, die Pauline Escher zusammen mit ihrer Mutter und den Mägden machten.
Sie führt Buch über die fast täglichen Arztbesuche als sie langezeit krank war, und über die Behandlungsmethoden, die der "Herr Professor" vorschlug.
Sie gibt ihren religiösen Gefühlen Ausdruck und schwärmt von Freundinnen, die sie bewundert, wie etwa Mathilde Escher (1808-1875). Zuweilen vertraut sie ihrem Tagebuch aber auch ihre Sorgen an wie die sporadischen Streitigkeiten mit ihrer Mutter oder eine unglückliche emotionale Verbindung mit dem Schrifsteller Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898).
Heute lebt niemand mehr, der*die Pauline Escher persönlich kannte. Deshalb scheint es dem Projektteam legitim, die Inhalte der Tagebücher zugänglich zu machen. Mithilfe der KI Transkribus hat Paulines Ur-ur-Neffin Annette Schindler, unterstützt durch Brigitta Rudin, die Tagebücher transkribiert. Tagebuchaufzeichnungen sind eine besondere Textform, in der die Schreibende nichts erklären muss. Wenn sie von Herrn Professor scheribt, wissen heutige Leser*innen nicht, was gemeint ist. Für diese Webseite führt Annette Schindler einen Dialog mit Pauline, über eineinhalb Jahrhunderte hinweg. Sie wählte Passagen aus den Tagebüchern aus, welche heutige Leser*innen in den Alltag des 19. Jahrhunderts eintauchen lassen und kommentiert diese mit zusätzlichen Informationen und zuweilen auch Bildmaterial zu den erwähnten Personen und Orten. Unvermeidlich sind dabei einige unleserliche Worte oder Passagen, die entsprechend bezeichnet sind. Ein grosser Teil des fotografischen Materials stammt aus dem Schindler-Archiv, das heute im Staatsarchiv des Kantons Zürich untergebracht und öffentlich zugänglich ist.
Dieses Projekt möchte Pauline Eschers Aufzeichnungen für die Familie und Nachkommen ihrer Schwester Elise zugänglich machen. Der Anspruch ist durchaus ein anekdotischer, persönlicher, jedoch explizit kein geschichtswissenschaftlicher.