31. März 1858
Jch machte nach der Kirche einige Commissionen, hatte dann allerlei zu thun bis Mittags, u. Nachmittags machten wir Ostereier. Nachher zog ich mich gleich an, um gegen 7 Uhr Amalie abzuholen u. mit ihr u. Herr Muralt zu Hr. Wesendoncks zu fahren. Nanny welche erst später eingeladen worden war, fuhr mit Frau Rüsch. Wir wurden freundlich empfangen, das Haus ist prächtig u. viele Bekannte und Unbekannte Leute waren dort. Ich war ziemlich oft mit Amalie, man trank zuerst Thee, dann wurden von einem guten Orchester unter Herr Wagners Leitung in 3 Abtheilungen Sinfonien von Beethoven aufgeführt. Es war prächtig u. feierlich. Nachher musste man sich zu Tische sezten. Ich hatte Junker Wyß, und wir saßen an demselben Tisch mit Nanny u. Frau Bodmer, da unterdessen die jungen Frauen sich auch zusammengethan hatten. Das Essen war gut, und wir recht vergnügt u. ängstigten uns nur wegen dem späten heimgehen, und der Entheiligung des Sonntags. Nach dem Punsch stand man auf, und Herr Wagner führte noch eine eigne Composition, u. Träume, zu Ehren v. Herrn Wesendonck auf. Sie waren so herrlich u. feierlich, man hätte nur beten können dabei, u. ich wäre dann am liebsten gleich heimgegangen. Leider kam aber unsre Kutsche ganz zuletzt, und wir mußten uns noch lange gedulden, bis wir heim konnten. Ich konnte mich dann herrlich ruhig u. unaufgeregt zu Bette legen, und hat den Herrn noch von ganzem Herzen um Verzeihung wenn ich übel gethan habe.
Unter Deinen Fotografien findet sich ein Portrait von Richhard Wagner, wie auch ein Bild der Villa Wesendonk.
Die Illustratorin und Comic-Zeichnerin Kati Rickenbach stellt sich die festliche Soirée so vor:



