27.-29. März 1858

27. März 1858. Am Morgen nachdem ich in Stille für mich gebetet, las u. strickte ich bis gegen Mitag. Charlotte Brontë ist mir ein sehr liebes Buch. Nach Tische machte ich mich gleich fertig, u. ging zu Zahnarzt Kölliker, welcher mir über meine Zähne keinen guten Bericht gab. Ich muß nach Ostern zu ihm, und habe schon jezt darauf Angst.  

 

28. März 1858. Ich machte mich am Morgen früh bereit, u. um 8 Uhr holte uns die Kutsche, wir nahmen Elise u. Nanny Stockar mit und fuhren in den Neumünster, wo Elises Bub getauft wurde. Mathilde Escher mußte auch ein Kind heben u. ich hatte die Freude, neben ihr zu sitzen. Die Predigt war nicht besonders schön, sondern eher lang u. schleppend; nachher gingen wir noch über den Kirchhof u. zu Fuß in die Stadt zurück, wo wir aber erst gegen 11 Uhr ankamen. (...) Beim Essen erhielt ich eine Einladung zu einem Conzert bei H. Wesendoncks und Nachmittags fuhr ich mit Mama u Betheli nach Kilchberg. Der Wind war aber sehr kalt u. ich kam ganz erfroren, u. unwohl zurück. (...) 

 

29. März 1858. (...) Im Foral war's so so. Jungfer Escher sagte mir nichts (war-unklar) helfen, u. ich traute mich dann auch nicht, sie etwas zu fragen. Nachher ging ich zu Amalie, welche mich sehr freundlich einlud, mit ihr z. Hr. Wesendoncks zu gehen, da Nanny nicht ein geladen ist. (...) 


Charlotte Brontë gehört auch zu Deiner Lektüre. Brontë ist weniger populär als Wildermuth, hingegen werden ihre Werke auch in meiner Zeit noch rezipiert. Vielleicht liesst Du “Jane Eyre”, das Brontë zuerst unter einem Pseudonym publizierte, wie auch viele ihrer späteren Werke.

In Zürich gibt es gemäss dem “Tierbuch” gleich zwei Zahnärzte mit dem Namen Kölliker: Paul Alfred (1832-??) und Julius Friedrich Arthur (1863-??), die meiner Meinung nach aber beide noch etwas jung sind. Für die damalige Zeit aber vielleicht grade das rechte Alter hatten für eine Zahnarztpraxis.

Zurück
Zurück

14. März 1858

Weiter
Weiter

31. März 1858