24. November 1857

(…) Ich hatte dann Hemden, f. d. St. G. zu schneiden, was mir nebst einigen Besuchen den ganzen Morgen ausfüllte. Nachmittags H. Schlumberger u. nachher machte ich noch einen Lauf bis zum weißen Haus. Ach wären wir doch schon auf dem Lande! Abends hatten wir einen herrlichen Abend allein, einzig beunruhigte mich daß H. Stockar vor dem Nanny sich wieder beklagte, zu ihr sagte, Du mußt halt einmal nach Karlsbad. Mama wäre es sehr unangenehm u. alle unsre Unabhängigkeit wäre dahin. Sie will aber einmal mit Hr. Professor reden, der wohl kaum für so unbedeutende Beschwerden eine so starke Kur verordnen will. 


Dem Thema “Karlsbad” werden wir noch einige male begegnen in Deinen Tagebüchern. Damals zu Österreich gehörend, heute zu Tschechien war Karsbad als Kurort berühmt. Du warst zu einem eigenen Kuraufenthalt oder hattest Deine Eltern begleitet, was Dir offenbar sehr gut gefiel. Jedoch entscheidet in Deiner Zeit der Arzt darüber, wohin ihr in die Kur geht, und in diesem Fall bezweifelst Du, dass sich Euer Arzt für Karlsbad entscheiden würde. Doch weshalb würdet ihr Eure Unabhängigkeit verlieren, wenn Nanny mitkommen würde?

Auf die Spur von Hr. Schlumberger, den Du schon gestern erwähnt hattest, führt mich ein Buch, das ich im Bücherregal meines Vaters vorfand: Dieser nannte es das “Tierbuch”, und es handelt sich um das Verzeichnus der Bürger und der Niedergelasssenen der Stadt Zürich im Jahr 1858 - das Telefonbuch des 19. Jahrhunderts. Hier finden sich wertvolle Informationen nicht nur zu Herrn Schlumberger, der in der Sektion der Niedergelassenen anzutreffen ist, sondern auch zu vielen anderen Leuten, die Du in Deinem Tagebuch erwähnst.

Herr Schlumberger ist, wie wir aus dem Tierbuch-Eintrag ersehen können, Zeichnungslehrer, Jahrgang 1807, stammt aus Müllhausen und Frankfurt, ist seit 1831 verheiratet mit Catharina Locher von Zürich und hat vier Kinder. Im Tagebuch erwähnst Du Deinen Zeichenunterricht bei ihm immer wieder.

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