26. Juli 1859

Am Morgen ging ich ziemlich früh zum Bruunen, u. brachte Mama das Wasser ins Bett, da sie in der Nacht starke Schmerzen in den Beinen gehabt hatte. Später ging ich dann ganz allein auf die Terasse, wo mich später u. v. Grafenried noch abholte. Beim Frühstück trafen wir dann wieder Alle zusammen, und blieben nachher noch ziemlich lange sitzen. Wie lieb habe ich doch Frau F. und wie sehr wird sie uns mangeln. Ich hatte eigentlich im Sinn im Lauf des Morgens zu ihr hinaufzugehen, verschob es dann aber auf Nachmittags, um sie nicht zu genieren. Beim Essen sahen wir uns aus der Ferne, wir gingen aufs Zimmer nachher und ich fing an zu arbeiten. Bald erschienen sie dann auf der Terasse, spazierte zuerst allein, u. riefen mir dann aus Fenster, ob ich nicht mit ihnen kommen würde zu spazieren. Ich ging dann mit Mama auf die Terasse, und wir blieben über eine Stunde beisammen. Ich konnte nun einmal recht mit Frau F. reden u. sie erzählte mir, wie ihre Mutter an d. Wassergicht (unklar) gestorben, wie sie sie lange gepflegt u. immer so lieb gehabt habe. Uberhaupt habe sie schon so viele Verwandte verloren, eine Kousine sei von einem Roß erdrückt worden aber, wenn man einen Theil seiner Lieben im Himmel habe, sei man auch schon halb dort, sie habe heute (Magenin ihrer Bibel-unklar) gelesen! Selig ist Der Knecht, den sein Herr wachend findet, darum sollte man nur immer bereit sein, u. da sei es gut, wenn man auch schon schöne Todtenbette gesehen habe. Hr Schwarzer sei so schön gestorben, u. hätte nur immer noch sie sehen wollen. Nachher erzählte sie mir viel von Sophie Tribolet u. ihrer Stiefmutter, von der preußischen Politik u. wie sie traurig seien u. viel verloren hätten, und dann sagte sie auch noch, wie man sich doch immer unterrichten sollte, weil man in Alter u. Krankheit gar nie zu viel wissen könne. Sie sehe, daß ich gute Vorsätze habe, ich solle sie nur ruhig u. mit Vertrauen zu Gott ausführen. Er werde gewiß Alles mit mir wohl machen! doch viel anderes sagte sie mir, u. dann trennten wir uns nachdem Herr F. mich eingeladen um 4 Uhr noch einen Spaziergang mit ihm zu machen! Er kam wirklich als gerade Frau (Tüngler-unklar) u. J. Schultheß da waren, und Mama erlaubte mir, mit ihm zu gehen. Wir gingen zuerst nach Valens in d. Höhe, stiegen dann hinunter bis zum Wasserfall der Tamina den ich prachtig in der Nähe sah, u. dann noch weiter bis zum Dorf Vasön, wo die Aussicht gegen den Calanda sehr schön war. Der Weg war aber etwas beschwerlich, es fing bald an zu dunkeln, und wir kamen eben zur rechten Zeit zum Nachtessen zurück. Herr Fav. hatte mir wieder viel von seinen Reisen erzählt auch v. Neuchatel, wie ihm d. Politik so Mühe mache, wie er darum seine Güter u. Hausen Alle verkauft habe, um jeden Augenblick frei zu sein, u. gehen z. kommen, wo er wolle. Zwar sei es seiner Frau nicht immer Recht, sie habe ihre Freundinnen, u. hätte auch gern ein rechtes chez-soi. Deßhalb habe er sich ein eigens kleinen Haus zurückbehalten, wo seine Dienstboten auch in seiner Abwesenheit sein. Beim Nachtessen trafen wir wieder zusammen, Frau F. hatte unterdessen einen Spaziergang mit Mama gemacht, u. war dann auf unser Zimmer gekommen, wo sie ihr wieder viel erzählt hat. Nach dem Nachtessen dankte ich ihr herzlich dafür, sie gibt mir nun immer die Hand, und ist so gut u. freundlich, daß ich sie täglich lieber habe. Nachher nahmen wir von Frau Balthasar Abschied, die morgen verreist, und zündeten unsere Lichter an, und gingen zusammen in unsre Zimmer, nachdem sie uns noch herzlich gute Nacht gewünscht hatten. Vielleicht werden sie, des kühlen Wetters wegen nicht nach Gais gehen, sondern einige Tage länger hier bleiben, was mich unaussprechlich freuen würde. (...)   

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