2. Mai 1858

2. (...) Zuhause blieb ich bei Papa bis um 11 Uhr u. ging dann noch in den Schönenberg, wo mich Frau Schultheß erwartet hatte. Es ist mir die frühern Zeiten seien wieder da, wo ich fast alle 14 Tage ging. Gib Du mir nur ein treues Herz. O Gott! Wir redeten zuerst allerlei gleichgültiges, von Verein, von der Taufe, u. Frau Schultheß sagte, wie lieb ihr das kleine Kindli sei. Am Ende sagte sie dann, ob ich ihr eben mein Kreuz nicht habe entdecken wollen. Jch sagte ich könne mich fast nicht entschließen, und sie fragte, ob sie mir etwas helfen solle; sie wisse etwas, aber ich müsse ihr versprechen, sie gar, nie zu fragen woher. Schon etwas ermuthigt erzählte ich ihr dann wie Alles gekommen sei, was sie natürlich nicht gewußt hatte, und fühle mich dann nachher recht erleichtert. Sie sagte sie habe schon viel solche Geheimnisse vernommen, weil man ihrer Verschwiegenheit trauen könne und ich könne sicher sein, daß sie gar nichts sagen werde. Wenn ich aber sie um Rath gefragt hätte, sie hätte sie mir immer eher abgerathen, den ihr sei um solches Mißverhältinß immer etwas bedenkliches, da die Frauen ja ohne sie immer viel früher alt würden, als die Herrn. Zudem erscheine ihr dieser auch gar zu jugendlich u. sie glaube, wenn ich ja noch einmal heirathen würde, so müßte es jemand älterer sein, vor dem ich rechten Respekt haben könnte. Ich hätte ihr gern bei diesem Anlaß v. Hr. E. gesprochen, wagte es aber nicht, u. versprach ihr hingegen, ihr einmal, die Briefe von H. M. zu zeigen, damit sie sehen kann, das man sich wohl darüber gut täuschen könne. Wie dankte ich dann dem Herrn, daß Er mich aufs Neue eine so treue Freundin hat finden lassen.

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21. / 28. / 29. April 1958

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5./12. Mai 1858