19./20./27. Mai 1858
19. Am Morgen las ich wieder in Ruhe u. Stille, aber es war sehr heiss u. mein Kopf eingenommen. Jch mußte mit Papa in die Stadt um im Kronenthor etwas zu holen, kam aber bald wieder zurück und hatte bis zum Essen noch Wäsche zu flicken. Nachmittags ging ich bald zu Luise, wo ich noch zum letzten Mahl H. M. verhandelte! Es kam aber nichts dabei heraus, als die Bestätigung, daß man sich nicht auf Menschen verlassen soll. Es gab dann ein starkes Gewitter, hellte aber wieder auf, u. wurde Abends noch recht schön.
20. (...) Nanny u. Elise kamen wieder, u. Abends die Monatgesellschaft aus O. Sprüngli, Frau Fehlman u. Frau Krauer bestehend. Auch Herr Prof. kam u. verordnete Herrn Stockars die Kur in Aachen. Von uns sagte er gar nichts u. ich sehe jetzt meine leise Hoffnung wieder nach Karlsbad zu gehen, ganz vernichtet. Ich war recht betrübt, darf es aber nicht zeigen, da Mama böse wird. (...)
27. Am Morgen stand ich etwas gedrückt auf, u. hatte auch nicht den rechten Gebetsgeist. Beim Frühstück schon wurde Mama böse über mich, und machte mir Vorwürfe, wie ich mit allem meinem Frommsein und Beten und Lesen, doch so sehr am Irdischen u. jetzt an Karlsbad hange. Jch wurde sehr betrübt darüber denn sie weiß ja nicht wie meine Leidenschaften u. mein Suchen nach irdischem Glück mir selber am meisten Mühe u. Kämpfe machen. Doch nahm ich mir fest vor, u. will es mit Gottes Hülfe auch ausführen, nur schon um seiner Willen meine Leidenschaften besser zu bekämpfen .
So sah es aus in Karlsbad. Schon eine grosse Verlockung!
Fotografie Brück, Sohn Meissen, Ansicht Karlsbad, während der Trinkzeit am Sprudel mit Kurgästen und Baddamen.