28./30. Mai 1858
28. (...)Nach Tisch ging ich bald in den Verein, wo es wieder recht herrlich war u. fuhr dann mit Nanny u. Elise in den Engenweg, da es stark regnete. Im Anfang war es ziemmlich herrlich, dann kam aber Herr Prof. u. Papa rief auch mir. Er hatte mich aber zuerst verklagt ich rede ihm ein, was mir H. Prof. gleich vorhielt. Schon daduch wurde ich fast zum Weinen gebracht u. als er dann nachher noch sagte, Mama sehe jetzt so gut aus, daß er nicht einmal an eine Kur habe denken wollen, verlosch noch meine letzte Hoffnung u. zugleich mit dem Gedanken, nun habe er gar nichts mehr auf mir, verging mir der Abend ganz betrübt. (...)
30. Am Morgen stand ich ziemlich früh auf, und bat Gott vor Allem um einen recht gesegneten Sonntag. Dann fuhr ich mit Mama in den Fraumünster, wo aber leider meine liebe Nachbarin nicht kam. Die Predigt war nur kurz, u. etwas leer u. traurig verließ ich die Kirche. Mit den Kindern ging es recht gut, ich habe eine neue Schülerin. Nachher fuhren wir, Papa, Mama u. ich noch bis unten an den Katzensee, u. über Höngg zurück. Wie wohl that mir die Stille dort unten, aber die Aussicht nach Norden machte mir Heimweh nach Karlsbad, u. d. lieben Erzgebirge. (...)